Die beschleunigte Erwärmung der Meere – Ursachen, Folgen und regionale Entwicklungen
Die Ozeane spielen eine zentrale Rolle im globalen Klimasystem. Sie speichern Wärme, regulieren das Wetter und bieten Lebensraum für unzählige Arten. Doch aktuelle Studien zeigen, dass sich die Meere in alarmierendem Tempo erwärmen – mit weitreichenden Konsequenzen für Umwelt und Mensch.[1]
Globale Meereserwärmung: Ein rasanter Anstieg
Die Oberflächentemperaturen der Meere im europäischen Raum lagen um durchschnittlich 0,7°C über dem langjährigen Mittel, im Mittelmeer sogar um rund 1,2°C höher als der Durchscnitt. In allen untersuchten Gebieten Europas wurde zudem ein Rückgang der Eismassen registriert, insbesondere die Gletscher in Skandinavien und Spitzbergen erlitten den stärksten Masseverlust seit Beginn der Aufzeichnungen.[2]
Unbestritten ist, dass Europa – ebenso wie der Rest der Welt – im Jahr 2024 die wärmsten Durchschnittstemperaturen seit Beginn der Messreihen verzeichnete. Die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) beziffert die globale Überschreitung gegenüber dem vorindustriellen Niveau (1850–1900) auf 1,55°C, während Copernicus[3] für Europa eine Abweichung von +2,92°C meldet. Besonders ausgeprägte Hitzerekorde traten in Mittel-, Ost- und Südosteuropa auf. In Deutschland wurde laut Deutschem Wetterdienst das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen registriert.[4]
Auswirkungen auf die Meeresfauna: Kleinere Fische und veränderte Artenzusammensetzung
Die Erwärmung der Meere hat direkte Auswirkungen auf die Meeresfauna. Studien zeigen, dass Fische in wärmerem Wasser kleiner bleiben, da sie in sauerstoffärmeren Bedingungen wachsen. Dies betrifft insbesondere Arten wie den Kabeljau und den Hering, die kaltes Wasser zum Überleben und Fortpflanzen benötigen.[5]
In wärmeren Gewässern sinkt der Sauerstoffgehalt, während Fische gleichzeitig mehr Energie und Sauerstoff brauchen. Kleinere Fischarten kommen mit diesen Bedingungen besser zurecht und haben daher bessere Überlebenschancen als größere Arten.[6]
Frühere Untersuchungen haben gezeigt, dass höhere Wassertemperaturen dazu führen können, dass Fische insgesamt kleiner bleiben und wärmeliebende Arten im Vorteil sind. Dies liegt unter anderem daran, dass sich bei steigenden Temperaturen die Stoffwechselbedingungen für die Tiere verändern. Für pelagisch (im Freiwasser lebend) lebende Fischarten in den oberen Wasserschichten der Ozeane wurde bereits ein Rückgang der Körpergröße prognostiziert. „Bislang gab es jedoch kaum Studien, die die Auswirkungen der Klimaerwärmung auf die tieferen Meeresschichten – die Dämmer- oder mesopelagisch[7] Zone – untersucht haben“, erklärt Konstantina Agiadi von der Universität Wien.[8]
Politische Entwicklungen: Das Meer ist kaum noch Thema
Im Koalitionsvertrag spielt das Thema Meer eine untergeordnete Rolle und erhält kein eigenes Kapitel. Die erste Erwähnung betrifft ein umstrittenes Vorhaben zur C02-Speicherung offshore. Die neue Bundesregierung hat den Posten des Meeresbeauftragten Sebastian Unger gestrichen – offiziell aus Gründen des Bürokratieabbaus – was in der Fachwelt auf deutliche Kritik stößt. Unger galt als angesehener Experte mit internationaler Bedeutung.[9]
Auf der Nationalen Meereskonferenz mit über 400 Teilnehmenden wurde die Entscheidung negativ aufgenommen. Trotz dieser Rückschritte betonte Umweltministerin Steffi Lemke in ihrer Abschiedsrede erzielte Fortschritte beim Meeresschutz, wie die begonnenen Munitionsbergungen und zweckgebundene Mittel aus Offshore-Lizenzen. Auch das marine Kapitel des „Aktionsprogramms Natürlicher Klimaschutz“ wurde gestartet. International hat die Bundesregierung mit Lemke und Unger wichtige Abkommen vorangebracht. Dennoch bleibt der Zustand der Nord- und Ostsee kritisch und der Handlungsbedarf groß.[10]
Ursachen und globale Zusammenhänge
Der Klimaforscher Dirk Notz von der Universität Hamburg betont, dass der menschengemachte Klimawandel der Hauptverursacher der Ozeanerwärmung ist. Die Weltmeere speichern etwa 50-mal so viel Kohlenstoff wie die Atmosphäre und haben bereits rund ein Viertel der vom Menschen verursachten CO2-Emissionen aufgenommen.[11]
Etwa 90 Prozent der überschüssigen Wärme, die durch den Klimawandel im Erdsystem entsteht, wird von den Ozeanen absorbiert. Laut Notz speichern allein die obersten zehn Meter der Meeresoberfläche so viel Wärmeenergie wie die gesamte Atmosphäre.[12]
Durch Wind, Gezeiten und Meeresströmungen werden die Wassermassen ständig durchmischt und in Bewegung gehalten. Diese Prozesse sorgen dafür, dass die aufgenommene Wärme auch in Richtung der Pole transportiert wird. Korallenriffe wirken dabei als natürlicher Küstenschutz, da sie die Kraft von Sturmfluten abmildern. Aufgrund ihrer geringen Toleranz gegenüber Temperaturveränderungen sterben jedoch viele Korallen ab – was die ohnehin schon kritischen Umweltbedingungen weiter verschärft.[13]
Fazit: Dringender Handlungsbedarf
Die beschleunigte Erwärmung der Meere ist ein deutliches Signal für die Dringlichkeit globaler Klimaschutzmaßnahmen. Die Ursachen liegen klar im menschengemachten Klimawandel, dessen Auswirkungen sich bereits heute in Form steigender Wassertemperaturen, schmelzender Eismassen und veränderter Lebensbedingungen für Meeresorganismen zeigen. Der Rückgang der Eismassen, die Veränderung mariner Ökosysteme und die Verkleinerung vieler Fischarten bedrohen nicht nur die Artenvielfalt, sondern auch die Lebensgrundlagen von Millionen Menschen. Gleichzeitig fehlt es in der Politik an klaren Prioritäten für den Meeresschutz – trotz einzelner Fortschritte und internationaler Abkommen. Um das globale Klimagleichgewicht zu bewahren, braucht es jetzt entschlossenes Handeln – sowohl wissenschaftlich als auch politisch. Die Zeit drängt, denn die Ozeane senden längst deutliche Warnsignale.
[1] https://www.riffreporter.de/de/umwelt/klimawandel-kippelemente-klimasystem-kipppunkte-forschung
[2] https://www.deutschlandfunk.de/europa-erwaermt-sich-am-schnellsten-bericht-zum-zustand-des-klimas-102.html
[3] Copernicus ist ein europäisches Programm zur Erdbeobachtung, das von der Europäischen Union verwaltet wird.
[4] https://www.deutschlandfunk.de/europa-erwaermt-sich-am-schnellsten-bericht-zum-zustand-des-klimas-102.html
[5] https://www.welt.de/wissenschaft/article236082054/Klimawandel-Erwaermung-der-Ozeane-veraendert-Artenzusammensetzung.html?
[6] https://www.deutschlandfunk.de/erwaermung-der-meere-ursachen-folgen-100.html
[7] Die mesopelagische Zone ist eine ozeanische Tiefenzone, die sich zwischen 200 und 1000 Metern Tiefe erstreckt
[8] https://www.wissenschaft.de/erde-umwelt/kleinere-fische-durch-meereserwaermung/
[9] https://www.riffreporter.de/de/umwelt/meerespolitik-deutschland-steffi-lemke-sebastian-unger-carsten-schneider-meereskonferenz
[10] https://www.riffreporter.de/de/umwelt/meerespolitik-deutschland-steffi-lemke-sebastian-unger-carsten-schneider-meereskonferenz
[11] https://www.deutschlandfunk.de/erwaermung-der-meere-ursachen-folgen-100.html
[12] https://www.deutschlandfunk.de/erwaermung-der-meere-ursachen-folgen-100.html
[13] https://www.deutschlandfunk.de/erwaermung-der-meere-ursachen-folgen-100.html