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04.06.2021Marius Göbel, PRIO1-Praktikant

Hermetosphäre – Dein DIY-Ökosystem im Glas

In diesem Beitrag möchte ich euch das Prinzip der Hermetosphäre nahebringen und euch zeigen, wie ihr so ein faszinierendes Mini-Ökosystem ganz einfach selbst bauen könnt.

Was ist eine Hermetosphäre?
Eine Hermetosphäre ist eine besondere Form eines Flaschengartens. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass sie luftdicht verschlossen ist und so weder Gase noch Wasser entweichen können.
So von der Außenwelt abgeschlossen entwickelt sich im Idealfall ein autarkes, sich selbst erhaltendes Ökosystem, in dem sich völlig natürlich ein dynamisches Gleichgewicht einstellt. Auf dieses möchte ich nun kurz eingehen:

Die Pflanzen im Ökosystem betreiben Photosynthese und wandeln dabei Kohlenstoffdioxid mit Hilfe von Licht zu Zucker und Sauerstoff um. Nachts läuft der Prozess anders ab (Zellatmung): Die Pflanzen verstoffwechseln den Zucker und stoßen dabei Kohlenstoffdioxid und Wasser aus. Weil das Gefäß luftdicht verschlossen ist, können diese Prozesse theoretisch für eine sehr lange Zeit ablaufen. Absterbende Pflanzenteile werden von diversen Mikroorganismen verwertet. Das Wasser in der Hermetosphäre verdunstet und kondensiert wieder.
So entsteht im Idealfall ein Mini-Ökosystem, welches sich wie der Erde im großen Maßstab selbst erhält.

Der Ursprung der Hermetosphären geht übrigens auf das 19.Jahrhundert zurück. Damals war man auf der Suche nach Möglichkeiten, um Pflanzen über lange Seereisen zu transportieren. Die Lösung war die Entwicklung des Ward´schen Kasten, eines Vorgängers unserer Hermetosphären.

Also. Wie baut man so etwas selbst?

1. Schritt: Das Gefäß
Besorgt euch ein großes gläsernes Gefäß mit verschließbarem Deckel. Wichtig ist, dass der Deckel das Gefäß luftdicht abschließt. Ich empfehle ein möglich weites Gefäß. Das erleichtert das Befüllen und später auch das Formen der Mini-Landschaft im Glas wesentlich. Euer Glas sollte möglichst klar sein, damit das Licht ungestört hindurch scheinen kann.
Wischt das Gefäß vor dem Befüllen einmal mit Wasser und einem Tuch aus, um eventuelle Verunreinigungen zu entfernen und später gut durchschauen zu können. Vermeidet hier aber auf jeden Fall aggressive Reinigungsmittel und auch Glasreiniger.

2. Schritt: Die Drainage-Schicht
Befüllt hierzu vorsichtig den Boden Eures Gefäßes mit groben Steinen. Diese Schicht sollte bei einem Gefäß meiner Größe (Höhe ca. 20cm) grob 2-3 Zentimeter betragen.
Die Steine am Boden eurer Hermetosphäre dienen später als Wasserspeicher und verhindern gleichzeitig das Entstehen von Staunässe.
Ich habe meine Drainage-Steine von einem Kiesweg genommen und vor dem Einfüllen ausgiebig gewaschen, um keine organischen Verunreinigungen in meiner Drainage-Schicht zu haben.

3.Schritt: Die Holzkohle-Schicht (optional)
Eine Schicht aus Holzkohle über der Drainageschicht soll das Wasser filtern und Befall durch Pilzen vorbeugen. Für meine Hermetosphäre habe ich eine solche Schicht miteingebaut. Dazu habe ich einfach Holzkohle aus unserem Grill entnommen und diese in einem Zipper-Beutel mit einem Hammer zerkleinert. In Vorbereitung auf diesen Blogbeitrag habe ich allerdings gelesen, dass die oben genannten positiven Effekte nicht zuverlässig zu beobachten sind. Dieser Schritt ist somit optional.

4. Schritt: die Sperr-Schicht
Ein kleines Netz zwischen der Drainage-Schicht und dem darüber liegenden Substrat soll den Bewuchs der Substrat-Schicht mit Pflanzenwurzeln verhindern. Ich habe hierzu eine Stück Unkrautfolie verwendet, da wir diese gerade im Garten hatten, sie reißfest ist und ganz wichtig: wasserdurchlässig. Beim Zuschneiden habe ich darauf geachtet, dass sie den Durchmesser des Gefäßes hat und sie anschließend eingesetzt.

5. Schritt: die Substrat-Schicht
Hierzu habe ich einfach etwas Erde mit Laubstreu aus dem Wald entnommen. Zusätzlich zu den Pflanzen wollte ich auch kleine Mikroorganismen und größere Tiere in meiner Hermetosphäre haben, um viel zum Beobachten zu haben und die zahlreichen kleinen Lebeweisen die Hermetosphäre sozusagen aufräumen. Für das Substrat verwendet man idealerweise anorganische Substrate, etwa Blähton oder auch Lavagranulat. Diese haben gegenüber organischen Böden wie meiner Walderde den Vorteil, dass sie nicht mit der Zeit zersetzt werden, so keine zusätzlichen Nährstoffe freigeben und damit nicht zu einem unerwünscht kräftigen Pflanzenwachstum führen.
Ich persönlich denke aber, dass jemand, der kein zusätzliches Geld ausgeben möchte auch Waldboden verwenden kann.

 6. Schritt: die Pflanzen
Wegen der abgeschlossenen Natur der Hermetosphäre entstehen im Inneren relativ hohe Temperaturen und hohe Luftfeuchtigkeit – quasi tropische Bedingungen. Besonders gut kommen mit diesen also auch tropische Pflanzen zu recht.
Da ich euch aber zeigen möchte, wie man eine solche Hermetosphäre baut, ohne dafür Geld auszugeben, lassen wir diese einmal links liegen.
Ich habe für meine Hermetosphäre verschiedene Moosarten gesammelt. Unsere heimischen Moose eignen sich zwar nicht so gut für die Hermetosphären, können sich aber in begrenztem Maße an das Leben im Glas anpassen. Hier lade ich euch aber ein, mit verschiedenen Pflanzen zu experimentieren und eigene Erfahrungen zu sammeln.
Zum Formen der Landschaft im Glas könnt ihr euerer Kreativität freien Lauf lassen und die Kappen von Eicheln, Steine, interessante Stöckchen oder leere Schneckenhäuser hinzufügen. Besonders einfach lassen die sich dann beim Einsetzen mit Pinzetten und eventuell Pinseln in Form bringen.

7. Schritt: Wässern und Abschließen

Hierzu empfehle ich euch, mit Hilfe einer Sprühflasche die Innenwände des Gefäßes zu besprühen. Das hat gegenüber dem direkten Besprühen den Vorteil, dass ihr nicht aus Versehen beim Gießen eure Mini-Landschaft wieder zerstört.

Die richtige Wassermenge hängt stark von der Größe des Gefäßes ab, aber folgendes Tipps werden euch sicher helfen:
– Etwas Kondenswasser an den Innenwänden, insbesondere morgens und Abends und auf der Licht zugewandten Seite ist ein gutes Zeichen. Es zeigt, dass eure Pflanzen nachts erfolgreich Zellatmung betreiben (siehe oben).
– Wenn Wasser am Boden des Gefäßes steht, ist es definitiv zu viel und ihr solltet das Gefäß einige Zeit offen stehen lassen, damit das Wasser verdunsten kann.
– Ich habe für meinen Bau leider sehr nasse, lehmige Erde genommen und habe nach dem Einrichten der Hermetosphäre immer mal wieder den Deckel offen gelassen, wenn sich nach meinem Gefühl zu viel Kondenswasser gebildet hatte
– Wenn ihr nach einiger Zeit das Gefühl habt, zu wenig gegossen zu haben, öffnet einfach das Gefäß und sprüht nochmal etwas rein.

Et voila: Ihr habt so eben Gott oder Göttin gespielt und eure eigene kleine Welt erschaffen! Kümmert euch gut um sie und stellt sie nun in eurem Zimmer/eurer Wohnung auf. Auf keinen Fall solltet ihr die Hermetosphäre in die pralle Sonne stellen. Lieber einen Standort, der im Halbschatten liegt.

8.Schritt:
Lehnt euch zurück und genießt nach erfolgreichem Schaffenswerk eine wohlverdiente Pause. Viel Spaß beim Beobachten eurer kleinen Welt.

Hier findet ihr noch einige Anleitungen, wie sich Hermetosphären mit unterschiedlichen Materialien bauen lassen. Ich lege euch insbesondere den YouTube-Kanal Serpadesign ans Herz: Dort werdet ihr viele spannende und inspirierende DIY-Terrariums-Projekte finden.

https://www.swr.de/wissen/do-it-yourself-hermetosphaere-100.html
https://www.youtube.com/watch?v=KR2Lo0rOF7g (YT-Kanal Serpadesign: Alles rund um den Bau von Aquarien, Terrarien und viel DIY)
https://ulfsoltau.wordpress.com/substrat/ (Seite von Ulf Soltau, einem Biologen, der seit vielen Jahren mit Hermetosphären arbeitet)

Marius Göbel, PRIO1-Praktikant

Marius machte das Pflichtpraktikum seines Bachelorstudiums „Umweltbildung“ von März bis Juli im Projektteam von PRIO1. Teil der Community und des Planungsteam ist er jedoch schon seit Beginn des Projekts und ist auch nach Ende seines Praktikums noch fleißig hinter den Kulissen.

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