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25.11.2022Mailin Müller

Ernährung für Klima und Gesundheit

Mit der Erkenntnis, dass die Klimakrise auch Folgen für die menschliche Gesundheit haben wird, entstand in den 90er Jahren die medizinische Bewegung “Planetary Health“.
Sowohl die Menschen als auch der Planet Erde sollen in dieser Bewegung als Einheit geschützt werden. Bestandteil davon ist auch unsere Ernährung.
Aus dieser medizinischen Bewegung heraus entstand dann die EAT-Lancet-Kommission.

EAT-Lancet-Kommission  

Der Welcome Trust und die Stordalen Foundation haben gemeinsam die gemeinnützige Organisation EAT gegründet.[1]

Diese hat ihren offiziellen Sitz zwar in Oslo, besteht aber aus insgesamt 16 Ländern kommenden Wissenschaftler*innen, alle mit unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen. Ihre Forschungsergebnisse wurden 2019 im “Planetary Health Diet“ Bericht erstmals veröffentlicht.
Seine Inhalte waren die weltweit ersten konkreten wissenschaftlichen Ziele für eine gesunde Ernährung und nachhaltige Nahrungsmittelproduktion innerhalb der planetaren Grenzen1. [2]

“Planetary Health Diet“

„Eine Umstellung auf die Planetary Health Diet kann die städtischen Emissionen in nur 10 Jahren um 60% reduzieren, wie eine Studie des C40-Netzwerks und Arup und der University of Leeds ergab.“ [3]

Die weltweite Einhaltung des im “Planetary Health Diet“ Bericht vorgeschlagenen Ernährungssystems würde die Ernährung von 10 Milliarden Menschen innerhalb der planetaren Grenzen ermöglichen. Das Ernährungssystem beinhaltet aber nicht nur eine Änderung der Ernährungsgewohnheiten, sondern auch der Anbau- und Produktionsgewohnheiten. [4]

Eine Mischung aus Literaturrecherchen, Ernährungsempfehlungen und Ergebnissen der Gesundheitsforschung führten zu den im Bericht vorgeschlagenen Ernährungssystem.
Nach diesen sollte unsere Ernährung hauptsächlich aus Obst und Gemüse, Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten, Nüssen und ungesättigten Fetten bestehen.
Aber auch Fisch, Meeresfrüchte und Geflügel ergänzen die im Bericht vorgeschlagene Ernährungsweise. Stärkereiche Gemüsesorten, wie beispielsweise Kartoffeln, Milchprodukte, rotes Fleisch, Zucker und gesättigte Fette kommen so gut wie überhaupt nicht vor und können wahlweise auch weggelassen werden.
Das Ernährungssystem ist nämlich möglichst flexibel gestaltet, um individuelle Vorlieben, verschiedene Ernährungsstile und kulturelle Traditionen auch bei Einhaltung der “Planetary Health Diet“ zu ermöglichen. [5]

Kritik am Ernährungssystem

Trotz dieser flexiblen Gestaltung stieß der Bericht “Planetary Health Diet“ auf Kritik.
Zum einen ist er in manchen Regionen der Welt kaum umsetzbar und bedarf selbst in den realisierbaren Regionen an Zeit und Anstrengung zur Umsetzung.

Auch bietet das Ernährungssystem für Schwerstarbeitende weitaus zu wenig, für im Büro Arbeitende jedoch weitaus zu viele Kalorien.
Darüber hinaus bedeutet die Umstellung auf die im Bericht vorgeschlagene Diät teilweise eine so radikale Veränderung, dass sie (momentan noch) wenig realistisch erscheint.
In Nordamerika beispielsweise müsste die momentan verzehrte Menge an rotem Fleisch auf 1/7 reduziert werden. [5]
Nach Veröffentlichung des Berichts stellte sich auch die Frage, ob ein wissenschaftlicher Bericht die Grundlage für die Veränderung der weltweiten Ess-, Anbau- und Produktionsgewohnheiten führen kann.
Die EAT-Lancet-Kommission erwiderte darauf, dass der Bericht allein zwar dies nicht könnte, die Reaktionen und Auswirkungen des Berichts jedoch schon. [6]

Erfolgreiche Ernährungstransformation: Beispiel Finnland

In den 60er Jahren gehörte Finnland zu den Ländern mit den häufigsten Todesfällen aufgrund Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei jungen Männern. Deshalb entschloss die finnische Regierung, durch ein Interventions-Programm dem entgegenzuwirken.
Die an der Intervention beteiligten Wissenschaftler*innen wählten die Gemeindeebene, um Ernährungsgewohnheiten zu ändern. Die im Interventionsprogramm enthaltenen Präventionsmaßnahmen, wie unter anderem Kochkurse und Informationsveranstaltungen, wurden darüber hinaus auch in den Medien und der Politik unterstützt, auch durch speziell entwickelte Fernsehprogramme zur Gesundheitserziehung. Aber auch konkrete Maßnahmen, wie beispielsweise eine Einführung geringerer Fettgehaltsstufen von Milch und die Vermischung von pflanzlichen Fetten in Butter, waren Teil des Interventions-Programms.

Ergebnis der Interventionen auf mehreren, verschiedenen Ebenen war innerhalb von zehn Jahren ein Rückgang des Salzkonsums, sowie eine gesunkene Aufnahme von gesättigten Fetten. Auch der Verzehr von Obst und Gemüse verdreifachte sich in der finnischen Bevölkerung. [7]

Ernährungstransformation jetzt – aber wie?

Die Auswirkungen der momentanen Ernährung auf unseren Planeten und somit auf unser Klima sind fatal. Dass eine Änderung der Ess- und Anbaugewohnheiten notwendig ist, ist der Politik bekannt.
Der Ansatz des “Planetary Health Diet“ Berichts, sowie die Ernährungstransformation der letzten Jahrzehnte in Finnland zeigen uns, dass diese dringend notwendigen Änderungen auch möglich sind und neue, gesündere Möglichkeiten bieten.
Bis es jedoch wirkliche Interventionen auf politischer und wirtschaftlicher Ebene gibt, liegt es an uns das Angebot durch Änderung der Nachfrage weiterhin zu ändern und somit auf gesellschaftlicher Ebene zu einer Ernährung für unser Klima und unsere Gesundheit hinzusteuern.


[1] Mehr zu den Planetaren Grenzen erfahrt ihr hier!


Quellen

[1] EAT-Forum: EAT-Lancet-Kommission

[2] EAT-Forum: Wie wurde die EAT-Lancet-Kommission finanziert?

[3] EAT-Forum: Kann eine wissenschaftliche Kommission die Welt verändern?

[4] Food and Agriculture Organization of the United Nations: Sustainable Diets and Biodiversity (2012)

[5] Bundeszentrum für Ernährung: Planetary Health Diät  

[6] EAT-Forum: Kann eine wissenschaftliche Kommission die Welt verändern?

[7] Gesa Maschkowski: Planetary Health Diet – Herausforderung und Chance für eine nachhaltige Transformation unseres Ernährungssystems (2020)

Mailin Müller

Projektteam PRIO1- Das Klima-Netzwerk

Mailin ist Werkstudentin und seit Anfang September Teil des Projektteams von PRIO1. Neben PRIO1 ist Mailin auch in ihrem letzten Bachelorjahr angekommen. In Heidelberg studiert sie Ethnologie, besonderes Interesse findet sie dabei an den verschiedenen Möglichkeiten unsere Welt wahrzunehmen und mit den Veränderungen in dieser umzugehen. Um den Kopf freizubekommen, geht sie im Sommer Rollschuhfahren und im Winter Schlittschuhlaufen und experimentiert gerne ein wenig in der Küche mit neuen Rezeptideen. Auch wenn die Auswirkungen des Klimawandels hin und da betäubend wirken, ist Mailin immer wieder fasziniert von und der Kreativität, die aus den Herausforderungen entstehen, und freut sich über das wachsende Bewusstsein in den Mehrheitsbevölkerungen, dass Vielfalt immer die Antwort ist.

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mailin@prio1-klima.net

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