Was hat die EU mit Klimaschutz zu tun?

Am 9. Juni 2024 wird in Europa das nächste Parlament gewählt. Laut dem BUND-Vorsitzenden Olaf Bandt entscheidet der Ausgang der Europa-Wahl, wie es mit „Natur-, Umwelt- und Klimaschutz“ weitergehen wird.[1] Aber was hat die EU eigentlich mit dem Klimaschutz zu tun? Im Folgenden werden wir euch verschiedene Gesetze vorstellen, die im Moment auf EU-Ebene diskutiert werden und auch mit Klima und Klimaschutz zu tun haben.

Europäische Grüne Vereinbarung („European Green Deal“)

Der europäische „Green Deal“ ist der Kern der europäischen Klimaschutzambitionen. Ziel der EU ist es, bis 2050 klimaneutral zu werden.[2] Dabei sollen bis 2050 keine Nettotreibhausgase mehr ausgestoßen werden. Schon 2030 sollen die Nettotreibhausgasemissionen um min. 55% im Vergleich zu 1990 gesenkt werden.[3] Das würde Europa zum ersten „klimaneutralen“ Kontinent machen.[2]

Was sind Nettotreibhausgasemissionen?

Nettotreibhausgasemission bedeutet, dass Treibhausgase, die (z.B. in Industrie, Verkehr oder Landwirtschaft) ausgestoßen werden, durch Prozesse, die Treibhausgase binden (z.B. Aufforstung), ausgeglichen werden. Ist diese Differenz für die EU nicht positiv, lebt sie klimaneutral.[4]

Wie möchte die EU dieses Ziel umsetzen?

Dafür stellt die EU in ihrem Green Deal insgesamt 47 Einzelmaßnahmen in den verschiedenen Sektoren, wie der Energieversorgung, dem Verkehr und der Landwirtschaft, vor.[2] Ziel ist es, das wirtschaftliche Wachstum von der Ressourcennutzung abzukoppeln und dabei niemanden „im Stich“ zu lassen.[3] Dafür wurde z.B. der Klima-Sozialfonds eingerichtet, der die schwächsten Bürger*innen unterstützen soll. [5]  

Aus dem Green Deal sind verschiedene Pläne, Abkommen und Gesetze entstanden, wie z.B. das Abkommen „Fit für 55“[6], welches die EU dafür bereit machen soll, bis 2030 zu 55% klimaneutral zu sein. Der Klima-Sozialfonds ist z.B. ein Teil davon. Ein weiteres Abkommen sind beispielsweise die „Emissionsnormen für Pkw“, von denen ihr sicher schon gehört habt: Sie besagen, dass ab 2035 nur noch emissionsfreie Autos hergestellt werden dürfen.

Hier sind einige wichtige Gesetze, die aus dem „Green Deal“ hervorgegangen sind:

Kreislaufwirtschaftsgesetz („Circular Economy Law“)

Die Kreislaufwirtschaft sei für die EU der „Schlüssel für die Klimaneutralität 2050“.[7] Warum das? Laut der spanischen Politikerin Teresa Ribera Rodríguez hat jeder Europäer 2021 190 kg Verpackungsabfälle erzeugt. Prognosen zufolge soll diese Zahl 2030 sogar noch 20% höher liegen.[8] Das Kreislaufwirtschaftsgesetz enthält daher über 30 Aktionspunkte, um Müll zu reduzieren.[9] Ende April 2024 wurde beispielsweise das „Recht auf Reparatur“ verabschiedet. Verbraucher dürfen z.B. ihre defekten Elektrogeräte beim Hersteller reparieren lassen. Schon in Kraft ist, dass neue Geräte USB-C-ladefähig sein müssen, was ab Ende 2024 umgesetzt wird. Das soll pro Jahr etwa 1000 Tonnen Elektroschrott einsparen.[10]

Außerdem sollen Verbraucher*innen besser vor Greenwashing geschützt werden und die Lebensmittelverschwendung verringert werden. Vieles ist aber noch nicht beschlossen und umgesetzt. Zeigt den Politiker*innen, dass euch die Reduzierung von Müll wichtig ist und geht wählen, diesmal sogar schon ab 16 Jahren!

Lieferkettengesetz („Sorgfaltspflichtengesetz“)

Das Lieferkettengesetz soll Unternehmen verpflichten, auf der gesamten Lieferkette eines Produkts Menschenrechte und Umweltstandards einzuhalten.[11] Dazu zählt auch die Entsorgung. In Kraft tritt das Gesetz 2027 und soll bis 2029 auf Unternehmen mit über 1000 Mitarbeitenden und über 450 Millionen (Mio.) € weltweiten Umsatz/Jahr immer weiter herabgesetzt werden. Das Gesetz verpflichtet Unternehmen u.a. auch, einen Unternehmensplan zur Einhaltung des 1,5 Grad-Ziels oder Nachhaltigkeitsberichte zu erstellen. Bei Verstoß drohen den Unternehmen umsatzbezogene Geldstrafen. Über den Anteil muss aber noch verhandelt werden. Deswegen: falls euch das ein Anliegen ist, zeigt den Politiker*innen, dass euch Menschenrechte und Klimaschutz wichtig sind, mit eurer Stimme am 9. Juni 2024.[12]

Gesetz zur Wiederherstellung der Natur („Nature Restoration Law“)

Laut einer Studie des Europäischen Rates und des Rates der Europäischen Union sind nur 15% der Lebensräume in der EU in einem guten Zustand.[13] Um dem entgegenzuwirken, wurde vor kurzem das „Nature Restoration Law“ verabschiedet. Es besagt, dass bis 2030 min. 20% der geschädigten Land- und Meeresflächen der EU wiederhergestellt werden sollen.[14] Bis 2050 sollen es sogar 90% sein. Da Wälder wichtige Kohlenstoffsenken sind, möchte die EU 3 Mrd. zusätzliche Bäume pflanzen.[15] Noch größere Kohlenstoffsenken sind Moore: Laut dem „Mooratlas“, u.a. mit dem BUND entstanden, bedecken die Moore weltweit 3% der Landfläche – binden aber doppelt so viel CO₂ wie alle Wälder zusammen.[16] Aus diesem Grund sollen bis 2030 30% der Moore wiedervernässt werden, bis 2050 sogar 50%.[15]

Was landwirtschaftliche Ökosysteme betrifft, wurden Einschränkungen gemacht: Bei lediglich 2 von 3 Indikatoren zum Erhalt der Biodiversität und Verbesserung der Bodenqualität muss ein Fortschritt erzielt werden.[15] Außerdem steht es Landwirten frei, ob sie trockengelegte Moore wiedervernässen wollen. Laut dem „Mooratlas“ werden in Deutschland 2/3 der trockengelegten Moore landwirtschaftlich genutzt.[16] Diese Zielvorgaben können jedoch ganz ausgesetzt werden beispielsweise wenn das Parlament empfindet, dass die Ernährungssicherheit nicht mehr gewährleistet ist.[15]   

Das „Nature Restoration Law“ zeigt: Gesetze können auch kurz vor Verabschiedung noch stark eingeschränkt werden. Wenn euch wichtig ist, dass Natur, Umwelt und Klima geschützt werden, zeigt das am 9. Juni mit eurer Stimme. Diesmal dürft ihr schon ab 16 wählen!

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[1] https://www.bund.net/service/presse/pressemitteilungen/detail/news/eu-wahl-das-unterscheidet-die-parteien-beim-klima-und-naturschutz/

[2] https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/das-europalexikon/309407/european-green-deal/

[3] https://commission.europa.eu/strategy-and-policy/priorities-2019-2024/european-green-deal_de

[4] https://envoria.com/de/insights-news/net-zero-carbon-neutral-co-the-emissions-dictionary#:~:text=Netto%2DTHG%2DEmissionen%3A%20Netto,der%20Forst%2D%20und%20Landwirtschaft).

[5] https://commission.europa.eu/strategy-and-policy/priorities-2019-2024/european-green-deal/delivering-european-green-deal_de

[6] https://commission.europa.eu/strategy-and-policy/priorities-2019-2024/european-green-deal/delivering-european-green-deal/fit-55-delivering-proposals_de

[7] https://www.consilium.europa.eu/de/policies/circular-economy/

[8] https://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2023/12/18/packaging-and-packaging-waste-council-adopts-its-negotiating-position-on-new-rules-for-more-sustainable-packaging-in-the-eu/

[9] https://www.consilium.europa.eu/de/policies/circular-economy/#ceap

[10] https://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/usb-c-pflicht-das-sind-die-folgen-der-eu-plaene-fuer-apple-und-co-a-d76501c3-6c86-4312-973c-e804be2fd61f

[11] https://www.tagesschau.de/ausland/europa/eu-lieferkettengesetz-einigung-100.html

[12] https://www.haufe.de/compliance/recht-politik/ein-ueberblick-die-eu-lieferketten-richtlinie-csddd_230132_612132.html

[13] https://www.consilium.europa.eu/de/infographics/state-of-eu-nature/#:~:text=In%20allen%20f%C3%BCnf%20Lebensr%C3%A4umen%20befinden,42%20%25%20schlecht%2C%2044%20%25%20unzureichend

[14] https://www.iucn.org/news/202403/nature-restoration-law-passes-restore-20-europes-degraded-land-and-sea-0

[15] https://www.europarl.europa.eu/news/de/press-room/20240223IPR18078/parlament-ja-zur-renaturierung-von-20-der-land-und-meeresflachen-der-eu

[16] https://www.bund.net/fileadmin/user_upload_bund/publikationen/naturschutz/Mooratlas_2023.pdf